Forschung am CI-Zentrum
Im Folgenden möchten wir Ihnen aktuelle Forschungsprojekte am CI-Zentrum rechts der Isar vorstellen:
Diagnostik des Tieftonrestgehörs und Entwicklung von Anpassparametern bei EAS-Systemen
DFG-Projekt JA 597/12 (2008-2010)
Lehrstuhl für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
(Labor für experimentelle Audiologie)
Lehrstuhl für Realzeit-Computersysteme
Neben völlig gehörlosen Patienten werden auch hochgradig
schwerhörige Patienten mit Cochlea-Implantatsystemen versorgt.
Bei diesen Implantaten handelt es sich um eine Kombination aus
einem Cochlea-Implantat (CI) herkömmlicher Art mit einer speziellen
Elektrode, welche den Erhalt des Restgehörs im Tieftonbereich
ermöglicht. Im Tieftonbereich erfolgt die Stimulation akustisch
und für die höheren Frequenzen elektrisch. Dabei kommt ein
Kombinationsprodukt zum Einsatz, das ein konventionelles CI mit
einer digitalen akustischen Einheit kombiniert. Diese so
genannten EAS-Systeme ermöglichen somit eine elektrische Stimulation
der Hörnervenfasern im Hochtonbereich und eine akustische Stimulation
vorhandener Reste intakter Hörsinneszellen im Tieftonbereich. EAS
ist bei Patienten mit Restgehör im Tieftonbereich indiziert. Nachdem
diese Technik bei Erwachsenen etabliert ist, kommt auch eine Anwendung
für Kinder in Betracht. Bei Kindern ist eine exakte Diagnostik von
Hörstörungen jedoch problematisch. Die Bestimmung der Hörschwelle in
der Verhaltensaudiometrie ist unzuverlässig und fehlerhaft. Je nach
Alter des Kindes kann die Diskrepanz zwischen der angegebenen und der
tatsächlichen Hörschwelle bis zu 50 dB betragen. Auch
Hirnstammpotentiale sind wegen der schlechten Synchronisation der
Entladungen auf den tieffrequenten Hörnervenfasern nicht in der Lage,
den Hörschwellenverlauf im Tieftonbereich mit der erforderlichen
Genauigkeit zu bestimmen. Eine genaue Erfassung des Hörvermögens
im Tieftonbereich ist auch im Hinblick auf eine exakte Anpassung
von Hörgeräten von Bedeutung. Ziel des Forschungsprojektes ist die
Bestimmung des Tieftonrestgehörs mit Hilfe von Distorsionsprodukten
otoakustischer Emissionen (DPOAE) sowie auditorischen Steady State
Antworten (ASSR). Eine höhere Frequenzspezifität dieser Messgrößen
lässt eine verbesserte Diagnostik der Tieftonresthörigkeit erwarten.
Aus den mit Hilfe der DPOAE und ASSR abgeleiteten Kenngrößen der
gestörten Hörfunktion sollen Anpassparameter entwickelt und über eine
geeignete Schnittstelle dem Anpasssystem des EAS-Systems übermittelt
werden. Hierzu ist eine intelligente Software zur schnellen Steuerung
der Messabläufe und Anpassung des Implantats auf der Basis einer
vorhandenen Messplattform (DFG Projekt Ja 597/8) zu erstellen und
klinisch zu testen.
Einfluss der Cochlea-Implantat Elektrode auf die Schallverarbeitung im Innenohr
Lehrstuhl für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
(PD Dr. Ing. Frank Böhnke)
In diesem Projekt werden mit bildgebenden Verfahren im µm-Bereich Daten
gewonnen, um numerische Modelle des Innenohres zu entwickeln.
Die klinische Bedeutung besteht in der zukünftigen Klärung der
umstrittenen Frage nach der Eindringtiefe von Cochlea-Implantat-
Elektroden in Verbindung mit zusätzlicher akustischer Stimulation
bei Patienten mit akustischem Restgehör (Elektro-Akustische Stimulation,
EAS). Einerseits wird mit speziell hergestellten kurzen FlexEAS
Elektroden (MED-EL) eine das Restgehör schonende Implantationstechnik
verfolgt, andererseits wird durch die geringere Eindringtiefe dieser
Elektroden nur ein kleinerer Bereich der Nervenendungen mit
elektrischen Signalen erreicht. Um diese Kontroverse für ein optimales
Hören der CI Patienten aufzulösen, können die Simulationen die
jeweiligen operativen Szenarien mit den verwendeten Komponenten der
Hörimplantate nachstellen, um so zu reproduzierbaren Analysen der
Schallverarbeitung sowohl des gesunden als auch des pathologischen
Gehörs zu kommen. Die Analysen erfordern über den gegenwärtigen Stand
hinausgehende präzisere anatomische Details, wie auch erweiterte
Ansätze der numerischen Mechanik wegen der Erfassung des Fluid-Struktur
gekoppelten akustischen Systems.

3D-Rekonstruktion der Cochlea mit implantierter Elektrode
Untersuchungen der Mechanik des Ohres mit Laser-Doppler Vibrometrie (LDV)
Lehrstuhl für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
(Dr. med. Tobias Strenger, PD Dr. Ing. Frank Böhnke)
Zur Erprobung von Mittelohr-Hörimplantaten (Floating-Mass-Transducer,
FMT, Vibrant MED-EL) wurden bisher im Rahmen einer Master- und einer
Diplomarbeit Messungen mit der LDV zur Mittelohrmechanik an humanen
Felsenbeinen durchgeführt. Die Ergebnisse ergaben Hinweise auf die
optimalen Positionierungen der Implantate bei Patienten.
Die Untersuchungen sind weiterhin für die Erprobung des Sensors
(Projekt Picosens) erforderlich. Das eingesetzte LDV gestattet durch
die Möglichkeit der Installation an einem Operationsmikroskop auch
die Diagnostik des Mittelohres bei Patienten der HNO-Klinik.

Messaufbau bei akustischen Felsenbein-Messungen mit LDV
(Diplomarbeit, Martin Reitsberger, Hochschule München, Prof. Dr. N. Stockhausen
Picosens
Lehrstuhl für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
(PD Dr. Ing. Frank Böhnke)
Das Ziel des Projekts Picosens ist die Bereitstellung eines neuartigen
Sensors, der konventionelle Mikrofone bei Hörimplantaten ersetzen soll.
Wegen der naturgegebenen Optimierung des Mittelohres zur Aufnahme von
Schall wird dieses, wenn möglich, bei den Patienten genutzt, um mit
Picosens (kapazitiver Sensor) die höchsten Empfindlichkeiten für eine
kontrollierte Reizapplikation bei schwerhörigen Patienten zu erzielen.
Damit ist einerseits der Schutz vor schädigenden Reizen bei
unkooperativen Patienten gewährleistet, und andererseits, wegen der
verbesserten Rauscheigenschaften, eine Erweiterung des nutzbaren
Dynamikbereichs bei Patienten mit Hörimplanaten möglich. Darüber
hinaus ermöglicht der Sensor durch die Registrierung des
Stapediusreflexes eine Einstellung von Cochlea-Implantaten insbesondere
bei sehr früh implantierten Kindern. Dieses Projekt erfolgt wegen der
erforderlichen biokompatiblen Halbleiter-Technologie in Kooperation mit
Industriepartnern und weiteren wissenschaftlichen Instituten.
Medikamente freisetzende Elektrodenträger
Lehrstuhl für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
(Dr. med T. Stark, K. Niedermeier )
Der Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf der Entwicklung und
Weiterentwicklung von Cochlea-Implantaten. Unsere aktuellen
Forschungsprojekte befassen sich mit Studien zur Wirksamkeit,
sowie zur Einheilung neu entwickelter, cortisonfreisetzender
Elektroden, welche zur Erhaltung des Resthörvermögens eingesetzt
werden könnten. Ein wichtiges Ziel unserer Forschung ist außerdem
die Risikoabschätzung neu entwickelter und bestehender Implantat-Typen.
Hierfür wurden verschiedene präklinische Modelle entwickelt,
die eine histologische und immunhistologische Aufarbeitung
unterschiedlicher Fragestellungen ermöglichen und wichtige Hinweise
für die klinische Anwendung am Patienten liefern. Weiterhin besteht
eine Kooperation mit der experimentellen Audiologie zur
3D-Rekonstruktion implantierter Felsenbeine. Der Schwerpunkt dieses
Projekts liegt auf der Darstellung der räumlichen Lage der Implantate
in der Gehörschnecke, sowie der Darstellung der gegenüber der
Implantation empfindlichen, anatomischen Strukturen.
Im Rahmen des Netzwerkes HöReN wird am CI-Zentrum folgendes Forschungsprojekt durchgeführt:
Verbesserung von Kodierungsstrategien für Cochlea Implantate (CI)
TU-München, Medizintechnik Zentrum IMETUM,
Fachgebiet Bioanaloge Informationsverarbeitung
Im Rahmen von Forschungsprojekten zum Thema Hören wollen wir die
derzeitigen Kodierungsstrategien, die im CI-Sprachprozessor
programmiert sind, optimieren oder neue Ansätze entwickeln, um das
Hören mit CI weiter zu verbessern. Wir untersuchen dabei vor allem
grundlegende Eigenschaften des Hörnerven bei elektrischer Stimulation,
da diese die Grundlage für eine möglichst gute Signalweiterverarbeitung
beim CI-Hören sind. Hierzu führen wir im Klinikum rechts der Isar
psychoakustische Messungen sowie Ableitung von Hörnervantworten an
CI-Trägern durch.
Ansprechpartner: Dr.-Ing. Sonja Karg, Prof. Dr.-Ing. Werner Hemmert
Hörimplantat-Zentrum
Hals-Nasen-Ohrenklinik
Klinikum rechts der Isar

Sprache ist ein wesentlicher Bestandteil
menschlicher Kommunikation, Hören eine der Grundlagen zum Verstehen
von Sprache. Einschränkungen des Hörvermögens führen häufig zu einer
Beeinträchtigung des Sprachverstehens und damit der Kommunikationsfähigkeit.
Reichen konventionelle Hörgeräte nicht mehr aus, ein Sprachverständnis
zu erlangen, können moderne Innenohrprothesen, sogenannte Cochlea-Implantate
(CI) die Funktion des Innenohrs ersetzen. Somit ermöglicht die CI-Versorgung
Gehörlosen und ertaubten Patienten wieder ein Hören und damit die
Möglichkeit der lautsprachlichen Kommunikation.
Prof. Dr. med Henning Bier
Hals-Nasen-Ohrenklinik
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität
Ismaninger Straße 22
D-81675 München
Tel. 089 4140
9090, Fax 089 4140 9091
E-Mail: CIteam@lrz.tum.de